BGH XII ZB 411/18 Ausnahmen von der Pflicht zur Kindesanhörung

FamFG §§ 26, 159 Abs. 2 und 3 Satz 1

a) Ein an das Rechtsbeschwerdegericht gerichteter Antrag auf einstweilige Aussetzung der Vollziehung eines das Umgangsrecht regelnden Beschlusses ist in entsprechender Anwendung des § 64 Abs. 3 FamFG statthaft (im Anschluss an BGH Beschluss vom 21. Januar 2010 – V ZB 14/10 – FGPrax 2010, 97 und Senatsbeschluss vom 30. Oktober 2013 – XII ZB 482/13 – FamRZ 2014, 29).
b) Im einstweiligen Anordnungsverfahren sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels und die drohenden Nachteile für den Rechtsbeschwerdeführer gegeneinander abzuwägen. Die Aussetzung der Vollziehung einer Umgangsregelung, die durch das Beschwerdegericht bestätigt worden ist, wird danach regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn das Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg hat oder die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist (im Anschluss an BGH Beschluss vom 21. Januar 2010 – V ZB 14/10 – FGPrax 2010, 97 und Senatsbeschluss vom 30. Oktober 2013 – XII ZB 482/13 – FamRZ 2014, 29).
c) Auch ein erst vierjähriges Kind ist in einem Umgangsrechtsverfahren grundsätzlich von dem Gericht persönlich anzuhören. Ausnahmsweise darf das Gericht von der Anhörung des Kindes aus schwerwiegenden Gründen absehen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn die Anhörung des Kindes zu einer erheblichen Beeinträchtigung seiner körperlichen oder seelischen Gesundheit führen würde.
d) Um die Frage beantworten zu können, ob die persönliche Anhörung des Kindes unterbleiben kann, muss vom Tatrichter eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, inwieweit es möglich ist, durch die Auskunft anderer Verfahrensbeteiligter, wie etwa des Verfahrensbeistands, des Umgangs- bzw. Ergänzungspflegers oder eines Mitarbeiters des Jugendamts, zu erfahren, ob der Umgang dem Kindeswohl entspricht.

Weiterlesen: BGH XII ZB 411/18 Ausnahmen von Pflicht zur Kindesanhörung

Kommentar verfassen